Moti-Bank: Interview mit Yalda Farangis Sawgand

In unserer Moti-Bank (= Motivations Powerbank) stellen wir Menschen und ihre Geschichte vor, die sich in ihrer Umgebung engagiert haben, um etwas zu verändern. Ziel ist es durch das Teilen dieser Beispiele andere zu motivieren und zu inspirieren, selbst aktiv zu werden und sich zu engagieren.

 

In diesem Interview stellen wir euch Yalda Farangis Sawgand aus Afghanistan vor. Sie hat sich in Afghanistan als Aktivistin und Politikerin insbesondere für die Rechte von Frauen und Kindern engagiert und als Lyrikerin mit ihren Texten und Gedichten wichtige Aufklärungsarbeit geleistet.

“ Ich wünschte mir von klein auf die Taliban weg, um mit anderen Kindern draußen frei herumlaufen zu können, ohne Kopftuch, in der Natur zu sein, auf Bäume zu klettern, am Wasser zu spielen, auch als Mädchen zur Schule gehen zu können und dieselben Rechte wie die Jungen zu haben.

Kinderarbeit, Misshandlung von Kindern, Zwangsverheiratung, Versklavung, sexueller Missbrauch waren mir schon sehr früh ein Dorn im Auge. In der Oberstufe des Gymnasiums habe ich die Organisation Chorschid (Sonne) gegründet, und mit 12 Schülerinnen gingen wir in unserem Umfeld dagegen vor.

 

In der Deutschen Welle, dem Sender des deutschen Militärs in Afghanistan, dokumentierte ich die oben genannten Missstände und sprach regelmäßig darüber, auch in den Tagesnachrichten. Meine Aktivitäten als Lyrikerin, in dem von mir gegründeten Verband junger engagierter Schriftsteller*innen, sowie als Abgeordneten im Jugendparlament und dann im Parlament waren sehr unterschiedlich.

Beratung von Frauen in Gefängnissen und von Gewalt betroffenen Frauen, Organisation von Seminaren und Workshops zur politischen Bildung für Jugendliche, Veröffentlichung von Texten in afghanischen Tages- und Wochenzeitungen, Gedichte und Kurzgeschichten in englischsprachigen Websites und Zeitungen. Eines meiner Hauptanliegen war auch die Benennung der Mutter in den Geburtsurkunden. Bisher werden dort nur die männlichen Vorfahren erwähnt.

Außerdem leistete ich im Rundfunk der Deutschen Welle, aber auch durch Demonstrationen, Flugblättern und öffentlichen Reden Aufklärungsarbeit über zivile Rechte und Bürgerpflichten. Themen waren unter anderem die Eigenverantwortung der Gemeinden z.B. für Müllbeseitigung und eine funktionierende Kanalisation, scharfe Kontrollen der öffentlichen Mittel und der Kampf gegen die Korruption, eine gleiche Bezahlung der Frauen und Zugang zum Militär, Stipendien auch für Studentinnen, Vergabe von Stipendien nur bei entsprechender Leistung, ohne Bestechung, staatlich verpflichtender Zugang aller Kinder zur Schulbildung und Wahrung der Rechte der Kinder auch gegen elterliche Willkür.

Mit meinem Engagement habe ich Frauen, Kindern, Jugendlichen, Inhaftierten, Gehörlosen, Menschen mit Behinderung, Obdachlosen, hungernden Familien und Drogenabhängigen geholfen .

Während meines Kampfes hatte ich viele Schwierigkeiten, denn die öffentliche Meinung über engagierte Frauen ist in Afghanistan eher herabwürdigend, da sie nicht der Norm entsprechen. Auch demokratisch gesinnte Männer halten ihre Frauen gern unter Verschluss. 

Als engagierte Frau wirst du beobachtet, aber nicht offen kritisiert. Anonyme Einschüchterungsversuche bis hin zum Rufmord habe ich erlebt. Meine zwei Jahre als jüngste Abgeordnete haben mir gezeigt, dass ich mich isolieren muss, um nicht mit korrupten Politiker*innen an einem Strang zu ziehen.

Aber ich hatte immer Hilfe und Unterstützung um weiterzumachen, z.B. von meiner Familie, meinen Studienkolleg*innen, zivilen Aktivist*innen und Bürger*innen. Dennoch geriet ich in Lebensgefahr und aufgrund meiner früheren Arbeit bei der Deutschen Welle gelang es mir, als anerkannter Flüchtling nach Deutschland auszureisen.

Ich bedauere, dass ich meine Arbeit dort nicht fortsetzen konnte. Es bleibt so viel zu tun. Aber ich hoffe, dass meine vielen Wähler*innen unsere gemeinsamen Ziele im Auge behalten und Wege finden, sie in vielen Bereichen durchzusetzen.”

Yalda Farangis Sawgand

Du hast auch Lust von deinem Engagement zu berichten und andere damit zu motivieren selbst aktiv zu werden? Dann werde Teil unserer Motivations-Powerbank und melde dich bei uns per Mail an blickwinkel@kulturgrenzenlos.de

 

1 Kommentar

Trackbacks & Pingbacks

  1. […] in der Provinz Mazar-e-Sharif auf und studierte dort Jura und Politik. Als Schriftstellerin und Abgeordnete engagierte sie sich in Afghanistan gegen Ungerechtigkeiten gegenüber Frauen und Mädchen. 2015 […]

Kommentare sind deaktiviert.